30.10.2009 – Dankesleitfaden von Robert Wagner, jedoch frei vorgetragen
Meine Damen und Herren,
ich weiß, einige von Ihnen haben
befürchtet, dass ich nicht komme oder
dass ich ein blödes Gesicht mache oder
das tue, was der Kardinal nachts im
Doppelbett macht, mich einfach querlege.
Nichts von dem hab ich Euch angetan,
nein, ich habe mich natürlich gefreut und
darf mich bei allen, aber auch wirklich bei
allen herzlich bedanken, für die Wahl, für
die Feier, für das Opfer nach einer langen
Woche am Freitagabend noch einmal
Couch mit dem Saal Burger zu tauschen,
herzlichen Dank.
Ihr habt natürlich ein bisschen Pech, dass
ich jetzt das Wort habe und noch einmal
Leid und Freud eines Bessemsbenger
beleuchte.
Wenn ich meinem Onkel ein nettes
Geschenk gemacht habe, dann antwortete
er meist: „Et wor
nit nüdig
, äwer nötzlich!“
Nüdig war, was meine Person angeht, der
Orden eigentlich nicht, denn als kritischer
Geschichtslehrer kann ich lückenlos
nachweisen, dass sich die Schulleiter in
Lindlar, und sicher nicht nur hier, immer
über den Unterricht hinaus nützlich
gemacht haben. Einer meiner Vorgänger,
ich glaube Herr Lunkenheimer war es,
schrieb die Chronik, die die Preußen ab
1876 einforderten, Haselbeck schrieb das
erste Buch über Frielingsdorf, andere
leiteten den Kirchenchor oder spielten die
Orgel. Dabei soll übrigens einer dem
Pastor mitten in die Predigt hinein gespielt
haben. Der Pastor nach der Messe
wutschnaubend: „Wie können Sie, ich war
doch noch am predigen“, darauf mein
Kollege: „Die Predigt war schon lange aus,
aber Sie waren immer noch am Reden.“
Sie sehen, die Schulleiter haben sich nicht
immer beliebt gemacht. Ich habe also
nicht mehr gemacht als zum Beispiel
Kollege Windhausen, der sich ebenso wie
Franz Broich in Lindlar so ganz nebenher
um das Rote Kreuz gekümmert hat.
Also, der Orden wor nit nüdig,
äwer
nötzlich
. Nützlich, weil er auf ein
Gemeinschaftswerk hinweist, neudeutsch
auch Synergieeffekte genannt, und so
habe ich den Orden in aller Ruhe
entgegen genommen, weil damit alle
geehrt werden, mit denen ich hier in
Lindlar zusammen gearbeitet habe, die
Kolleginnen und Kollegen, die
Ratsmitglieder, die Vereine, die
Verwaltung, die Geistlichen, die Musiker,
die Künstler, die Mitglieder des
Partnerschaftskomitees, die Freunde des
Freilichtmuseums und vor allem die vielen,
vielen Jugendlichen, die sich für mache
Ideen weitaus mehr begeistern ließen und
lassen, als viele glauben. Kurz gesagt: die
Kette hänge ich mir um den Hals, die
Strahlen schicke ich weiter, auch zu
manchen, die es mehr verdient hätten.
Übrigens ist dieses Gemeinschaftserleben
in Lindlar übermächtig, wie wir es noch bei
der 900-Jahr-Feier erleben durften, und
deshalb freue ich mich, seit 40 Jahren hier
arbeiten zu können.
Zum Schluss noch was Persönliches:
Wenn ich es oft vielleicht übertreibe, Leute
in Lindlar zusammenzubringen, oder auch
Kontakte zu Menschen aufbaue, die nicht
mit uns im Sandkasten gespielt haben, die
das Schicksal aus Russland, Afghanistan,
der Türkei oder Griechenland zu uns
geführt hat, oder zu denen, die an anderen
Orten in Europa wohnen, eine andere
Sprache sprechen, andere Ideen oder
Religionen haben und auf Anhieb fremd
erscheinen, dann ist das sicher auch ein
besonderes Anliegen meiner Generation.
Wir haben im Schnitt kaum etwas von der
großen Katastrophe erfahren, die unser
Volk angerichtet hatte, wir wuchsen
teilweise ahnungslos in ein
Wirtschaftswunderland hinein, bevor wir
begriffen, was vor unserer Geburt passiert
war. Und da die allermeisten unserer
Eltern schwiegen, machten wir den Mund
auf und zeigten mit unseren Aktivitäten,
dass wir den Geist der Ausgrenzung, des
Hasses und der nationalistischen
Konfrontation überwinden wollen. Auch
dieses Engagement meiner Generation
habt Ihr heute Abend geehrt, und dafür
danke ich Euch herzlich!